Die Heeresgruppe Nord war Mitte Oktober 1944 komplett vom Deutschen Reich abgeschnitten. Die Versorgung mit Nachschub und Ersatz konnte nur noch über die Ostseehäfen Liepaja (Libau) und Ventspils (Windau) erfolgen. Ein angedachter Durchbruch der 16. und 18. Armee in Richtung Memel, um diese zur Verteidigung Ostpreußens einzusetzen, wurde kategorisch vom Obersten Befehlshaber der Wehrmacht abgelehnt. Hitler verlangte das Ausharren der Heeresgruppe Nord in Kurland. Damit war das Schicksal der Kurland-Armee besiegelt.
Kurz vor Beginn der 1. Kurland-Schlacht verlief die Front südlich von Liepaja, über Skuodas, Moscheiken, Auce (Autz) bis kurz vor Dobele (Doblen), um von dort Richtung Norden, südwestlich von Tukums (Tuckum), wieder zur Ostsee zu führen.
Die 18. Armee bezog ihr Hauptquartier in Aizpute (Hasenpoth), um von dort aus den rechten Flügel der Kurland-Front zu verteidigen. Ihr unterstanden das I. Armee-Korps (11. und 126. Inf.-Div.), das X Armee-Korps (30. Inf.-Div. und 14. Pz.-Div.), sowie das XXXIX Panzer-Korps (225. und 61. Inf.-Div., 4. und 12. Pz.-Div.).
Am 13. Oktober 1944 begann die 1. Kurland-Schlacht, in dem die Sowjets mit der "2. Baltischen Front" aus dem Gebiet um Dobele, über Tukums, in Richtung Ventspils vorstießen. Die "1. Baltische Front" versuchte aus dem Gebiet Vainode nach Liepaja durchzubrechen, um diesen wichtigen Nachschubhafen zu erobern und somit die Versorgung der Heeresgruppe zu unterbrechen. Das Gebiet zwischen Liepaja und Moscheiken lag unter dem Beschuss der sowjetischen Artillerie und wurde mit den Bomben der Schlachtflieger unter Feuer genommen. Einige Divisionen waren noch nicht vollzählig in Stellung, denn noch immer folgten Einheiten nach. Alle verfügbaren Kräfte aus den rückwärtigen Diensten wurden in die Schlacht geworfen. Nachdem sich die deutschen Divisionen wieder gefangen hatten, wurde zum Teil sogar zum Gegenangriff übergegangen. Im Bereich der 30. und 61. Inf.-Div. drangen die Russen sogar in Vainode ein und stießen Richtung Liepaja vor, konnten dann aber von der 14. Panzer-Division am weiteren Vorrücken gestoppt werden. Auf dem linken Flügel verhinderten die 4. und 12. Pz.-Div. einen Einbruch der Russen in Moscheiken.
Weitere Kräfte wurden in Marsch gesetzt, so das III. (germ.) SS-Panzer-Korps (mit den SS-Divisionen "Nederland" und "Nordland"), die 563. Inf.-Div., sowie die 87. Inf.-Div., die sofort in den Bereich zwischen der 11. und 126. Inf.-Div. einsprangen. Weitere Divisionen folgten in den Raum Priekule (Preekuln). Die 263.; 132.; und die 31. Inf.-Div. des II. Armee-Korps eilten dem XXXIX. Panzer-Korps zwischen Vainode und Moscheiken zu Hilfe.
Mitte Oktober wurde die 18. Armee umgruppiert. Das I. Armeekorps mit der 11.; 87. und 126. Inf.-Div. befand sich nun im Gebiet südlich, bzw. südwestlich von Liepaja. Dieser Abschnitt reichte von der Ostsee bis Barta. Im Anschluss folgte das III. (germ.) SS-Panzer-Korps mit den Divisionen der Waffen-SS "Nordland" und "Nederland", sowie der 4. Panzer-Division. Im weiteren Frontverlauf stand dann das X. Armee-Korps mit der 30.; 31.; und 61. Inf.-Div., gefolgt vom II. Armee-Korps, mit der 225. und 132. Inf.-Div. Als Reserven in diesem Abschnitt hielten sich die 12. und 14. Pz.-Div., wie die 563. und 263. Inf.-Div. bereit.
Aber nicht nur die 18., sondern auch die 16. Armee wurde in den Sog der 1. Kurland-Schlacht hineingezogen. Das sich im Norden befindende XXXXIII. Armee-Korps war für den Küstenschutz zuständig. Dazu zählten die 207. Sicherungs-Division, die im Gebiet um Ventspils stand. An der Nordküste die 12. Luftwaffenfeld-Division, sowie die 83. Inf.-Div., die die Küste zum Rigaer Meerbusen hin bewachte. Die 23. und 218. Inf.-Div. kämpften um die Baltischen Inseln Ösel und Sworbe, zu denen später noch die 12. Luftwaffenfeld-Division beordert wurde. Die Korps-Gruppe Kleffel stand mit der 205. Inf.-Div. nordöstlich Tukums und mit der 227. Inf.-Div. südlich davon. Die noch dazu gehörende 281. Sicherungs-Division befand sich im Gebiet um Slampe, zwischen Tukums und Dzukste. Weiter südlich schloss sich das VI. SS-Armee-Korps an mit der 290.; 93.; 389. Inf.-Div. und der 19. lett. SS-Gren.-Div. Südlich Saldus dann das XXXVIII. Armee-Korps mit der 21. Luftwaffenfeld-Division, 201. Sicherungs-Division, sowie den Infanterie-Divisionen 32, 81 und 329.
Der Angriffsschwerpunkt der "1. Baltischen Front" lag vor Tukums. Hier versuchte die "Rote Armee" in den Norden Kurlands vorzudringen. Ein weiteres Angriffsziel in dieser Zeit war Dobele. Doch östlich von Tukums blieben die Angriffe der Sowjets stecken. Einige Divisionen wurden aus der Front herausgelöst und an die 18. Armee abgegeben. Bis auf kleinere Geländegewinne im Raum Dobele, konnte die Front der 16. Armee gehalten werden.
Teile der 14. Pz.-Div., sowie der 563. und 31. Inf.-Div. gelang es sogar im Gebiet von Vainode (Wainoden) durch einen konzentrierten Angriff einige Kilometer Geländegewinn zu erzwingen und somit die Bereitstellungen der "1. Baltischen Front" zu stören. Am 24. Oktober 1944 hatte sich der Frontverlauf der Heeresgruppe Nord gefestigt.
Als die 1. Kurland-Schlacht noch tobte liefen auf russischer Seite schon die Vorbereitungen für den nächsten großen Kampf - die 2. Kurland-Schlacht. Die sowjetische Luftwaffe versuchte vor allen Dingen die Nachschubwege der Deutschen zu unterbrechen. Wichtige Verkehrsverbindungen, Eisenbahnstrecken, Bahnhöfe und vor allem die Ostseehäfen Liepaja (Libau) und Ventspils (Windau) wurden bombardiert. Vor allem traf es Ende Oktober Liepaja, denn dies war der Hauptumschlagshafen für Truppen, Material, Waffen und Munition. Auch viele Verwundete wurden von Liepaja aus nach Deutschland ausgeschifft. Für manchen war es die Rettung, denn das Ringen um Kurland hatte erst begonnen ...
Quelle: W. Haupt - Das war Kurland, Podzun-Pallas
Mit freundlicher Unterstützung des Autors Werner Haupt
© Michael Molter
|