Die etwas mehr als 350 000 Mann der Heeresgruppe Kurland richteten sich zur letzten Verteidigung der 240 km langen Hauptkampflinie ein. Mitte Februar 1945 vernahmen die Posten in den Schützengräben Nacht für Nacht Geräusche von Fahrzeugen und Panzern. Die gegenüberliegenden Feindkräfte verstärkten ihre Truppen.
Aus den vier zurückliegenden Kurland-Schlachten hatte die Führung der Heeresgruppe ihre Lehren gezogen, und in dieser Zeit für schnell bewegliche Einsatzreserven gesorgt. Aus Teilen verschiedener Kurland-Divisionen wurde die Feld-Ausbildungs-Division Kurland, die Panzer-Brigade Kurland, sowie das Fahnenjunker-Grenadier-Regiment Kurland formiert.
Die Vorbereitungen zur 5. Kurland-Schlacht wurden auf sowjetischer Seite von Tag zu Tag gesteigert. Vermehrt griffen ihre Kampf- und Jagdflieger-Geschwader die deutschen Stellungen an. Bei einem ersten großen Angriff Mitte Februar 1945 wurden etwa 40 Maschinen von der 6. Flak-Division abgeschossen. Am 14. Februar erfolgte ein weiterer schwerer Angriff auf die Ostseehäfen Liepaja (Libau) und Ventspils (Windau). Hier kamen die Piloten der I./Jagd-Geschwader 54 (Grünherz-Geschwader) zum Einsatz, und schossen weitere 48 Maschinen des Gegners ab. Oberleutnant Otto Kittel, Staffelkapitän der 2. Staffel des "Grünherz-Geschwaders", und erfolgreichster Jagdflieger im Nordabschnitt der Ostfront errang an diesem Tag seinen 267. Luftsieg. Wenig später ereilte auch ihn das Schicksal - seine Maschine stürzte brennend südwestlich von Dzukste ab.
Ab dem 15. Februar wurden vorbereitende Stoßtrupps gemeldet, die oft sogar in Bataillonsstärke bis zu den deutschen Stellungen vorfühlten. Nicht nur am linken, sondern auch am rechten Flügel der Heeresgruppe wurden dadurch die Truppen in Alarmbereitschaft versetzt.
Am 20. Februar, exakt um 7. 00 Uhr feuerten Hunderte von Geschützen der "Roten Armee" auf die deutschen Stellungen zwischen Dzukste im Osten und Priekule (Preekuln) im Westen. Die 5. Kurland-Schlacht war eröffnet...
Wie bereits in der vorangegangenen Schlacht zeichnete sich der erste Schwerpunkt bei Priekule (Preekuln) ab. Beiderseits der Stadt wurden die Soldaten der 121.,126., 263., und 290. Infanterie-Division, sowie die der 12. Luftwaffen-Feld-Division von 21 sowjetischen Schützendivisionen - mit entsprechender Panzerunterstützung - angegriffen.
Das Grenadier-Regiment 426 (126. Inf.-Div.) verteidigte sich noch in den Trümmern der Stadt. Priekule selbst fiel am zweiten Tag der Schlacht. Zu diesem Zeitpunkt waren die Angriffspitzen der Sowjets bereits über die Stadt hinaus vorgedrungen.
Die äußerst zähe und verbissene Verteidigung der deutschen Soldaten forderte natürlich seinen Preis. Es waren hohe Verluste zu beklagen. Im Mittelpunkt der Kämpfe in diesen Tagen standen die 11. Infanterie-, die 14. Panzer-Division, sowie die Sturmgeschütz-Brigade Kurland. Als Verstärkung wurde noch die 225. und die 132. Infanterie-Division vom Armee-Oberkommando 18 eingeschoben, was dazu führte, dass die angreifenden sowjetischen Panzer- und Schützenverbände stecken blieben.
Trotz der hohen Ausfälle von etwa 5400 Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften, konnte sich die 18. Armee behaupten. Das Ziel der Sowjets, Liepaja (Libau) zu nehmen, wurde nicht erreicht. Dies war die erste Phase der 5. Kurland-Schlacht. Die 18. Armee gliederte sich in dieser Zeit wie folgt:
I., II. und X. Armee-Korps mit den Infanterie-Divisionen 11, 30, 52, 87, 121, 126, 132, 218, 225, 263, der 563. Volks-Grenadier-Division, der 14. Panzer-Division und der 12. Luftwaffen-Feld-Division.
Da der beabsichtigte direkte Durchbruch nach Liepaja (Libau) seitens der Sowjets nicht möglich war, versuchte nun deren Oberkommando - wie schon zuvor - Saldus (Frauenburg) zu nehmen, um die dortige Bahnlinie zu gewinnen. Von dort sollte es dann weiter nach Liepaja (Libau) gehen.
Die 16. Armee, die nun den nächsten Angriff zu erwarten hatte, gliederte sich von links nach rechts:
XVI. Armee-Korps: 81. Infanterie-Division und Division z.b.V. 300
VI. SS-Armee-Korps: 19. lett. Waffen-SS-Grenadier-Division
L. Armee-Korps: 24. und 122. Infanterie-Division
XXXVIII. Armee-Korps: 205. und 329. Infanterie-Division
Einzige Reserven bildeten die 12. Panzer-Division und die 215. Infanterie-Division. Die 207. Sicherungs-Division, wie auch die 21. Luftwaffen-Feld-Division standen zunächst nicht zur Verfügung, da diese Einheiten zur Sicherung Nordkurlands bestimmt waren.
An der Naht zwischen der 16. und 18. Armee lag der erste Schwerpunkt der neuen Angriffe. Die Panzer-Brigade Kurland, sowie die 21. Luftwaffen-Feld-Division wurden sofort alarmiert und zu der bedrohten Stelle der Front beordert. Auch gegen das benachbarte VI. SS-Armee-Korps richteten sich mittlerweile die russischen Angriffe.
Anfang März 1945 griffen 6 sowjetische Schützen -Divisionen mit Unterstützung starker Panzerverbände zwischen der 24. und der 122. Infanterie-Division östlich von Saldus (Frauenburg) an, und rissen dort die deutschen Linien auf. Den Panzerverbänden der 12. Panzer-Division gelang es aber einen weiteren Durchbruch zu verhindern.
Durch rasches Verschieben von Bataillonen, Panzerjäger-Abteilungen und Pionier-Kompanien wurde das Armee-Oberkommando schließlich Herr der Lage. Die Angriffsbemühungen der "Roten Armee" verlangsamten sich zunehmend.
Es gelang den Sowjets zwar noch Dzukste, das östlich von Saldus liegt, zu nehmen, aber als dann Mitte März überraschend Tauwetter einsetzte, versank innerhalb kürzester Zeit das Land in Schlamm und Morast. Sämtliche Angriffversuche blieben buchstäblich darin stecken. Die 5. Kurland-Schlacht hatte somit ihr Ende gefunden.
Während dieser Kampfpause mussten noch einmal Divisionen ins Reich abgegeben werden. Es waren die beiden Waffen-SS-Divisionen "Nederlande" und "Nordland", sowie die 215. Infanterie-Division.
Zwar kamen noch immer Versorgungsschiffe aus Gotenhafen, Hela und Swinemünde in Liepaja (Libau) und Ventspils (Windau) an, doch durch den immer geringer werdenden Begleitschutz und die Häufung sowjetischer Luftangriffe, wurde der Verlust an Schiffen immer größer.
Der bisherige Oberbefehlshaber der 16. Armee, General der Infanterie Hilpert, übernahm in diesen Tagen die Führung der Heeresgruppe Kurland. Am 1. Mai 1945 noch zum Generaloberst befördert, blieb er auch der letzte Oberbefehlshaber der Heeresgruppe. Sein Nachfolger als Armee-Oberbefehlshaber der 16. Armee wurde General der Infanterie von Krosigk. Dieser fiel bereits einen Tag später durch einen russischen Tieffliegerangriff auf dessen Hauptquartier. Der letzte Oberbefehlshaber der 16. Armee wurde somit der General der Gebirgstruppen Volckamer von Kirchensittenbach.
Quelle: W. Haupt - Das war Kurland, Podzun-Pallas
Mit freundlicher Unterstützung des Autors Werner Haupt
© Michael Molter
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