Dies war der letzte Brief des Obergefreiten Werner Richey. Er schrieb ihn am 14.12.1944, eine Woche vor Beginn der dritten Kurland-Schlacht. Es war sein letztes Lebenszeichen, denn seit dieser Zeit verliert sich seine Spur. Vermisst - ein ungewisses Schicksal...
Kurland, den 14.12.1944
Liebe Hilda, lieber Ossi, und liebe Helga.
Bin nun endlich nach langer Fahrt auf dem Wasser zu meiner alten Einheit angekommen. Was hier los ist kann ich nicht beschreiben, es stellt meine bisherigen Erlebnisse in den Schatten, außer dem Winter 1941.
Will Gott danken, dass wir alle heil hier herauskommen. Der Iwan ist hier in großer Übermacht, trotzdem ist es ihm noch nicht gelungen bei uns einzubrechen. Wir standen bis übers Knie im Wasser und Matsch. Jetzt ist es bitterkalt, so dass der Russe bald wieder kommen wird. Mein Soldatenglück wird mich auch diesmal nicht im Stich lassen. Leider muss ich und viele Millionen Weihnachten vorm Feinde verbringen, es ist ein Jammer. Auch das geht vorbei.
Wünsche euch nun von Herzen ein recht frohes und gesundes Weihnachten. Helga bekommt von mir 10 Mark, welche ihr Helga am Weihnachtsabend überreichen könnt. Das Geld schickt Euch Ilse. Was soll ich sonst weiter schenken. Habt ihr einen Weihnachtsbaum gemacht? Meine Ilse war krank an Gelenkrheuma. Im Krankenhaus lag sie auch.
Sonst geht es mir ganz gut, bloß ich friere dauernd und werde überhaupt nicht warm. Was macht Mutter Keppler?
Bleibt nun alle recht gesund und munter und seid vielmals gegrüßt von Eurem Schwager, Onkel und Bruder.
Entschuldigt bitte, wenn ich wenig schreibe, daran ist der Iwan schuld.
Viele Grüße und Weihnachtswünsche an die Geiststraße und Ernst, Rudi I, II
Auf Wiedersehen
Obergefreiter Werner Richey, Grenadier-Regiment 502 der 290. Infanterie-Division
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