Günther Horst Friedrich Hermann Kägebein wurde am 5. November 1920 als Kind der Emma Helene Cristiane Marie Kägebein, geb. Klöckling und des Stellmachers Conrad Wilhelm Emil Kägebein in der Seestadt Rostock geboren.
Seine Kindheit verlebte er in Rostock. Nach Beendigung der Schule erlernte er den Beruf eines Tischlers.
Er heiratete eine Hilde aus Degtow bei Grevesmühlen. Die Hochzeit soll auch in Degtow stattgefunden haben.
Er wohnte in Rostock in der Strandstraße 48 und ab 1942, nachdem die Eltern ausgebombt waren, in der Waldemarstraße 50 Rostock.
Günther wurde im September 1939 zur Ausbildung in die Infanterie-Panzer-Abwehr-Ersatzkompanie 12 nach Schwerin einberufen. Im Dezember 1939 wurde er in die Reserve entlassen.
In Vorbereitung der Aktion "Barbarossa", dem Angriff auf die Sowjetunion, wurde Günther wieder aktiviert und zur 1. Kompanie des Feld-Ersatz-Bataillons 12 der Panzergruppe Brüchert (Hauptmann Konrad Brüchert, geb. 07.01.1909 - gef. 04.09.1942) eingezogen. Das Regiment war der 12. Infanterie-Division unterstellt.
Günthers Erkennungsmarke lautete: -51- Feld e. Btl. 12/1
(51 = laufende Nr. der Wehrstammrolle, Feld e. Btl. = Feld-Ersatz-Bataillon)
und seine Feldpostnummer war 1942/43 16167 B.
Regimentskommandeure waren:
ab 1941 Oberst Werner Hühner
ab 1941 Oberstleutnant Helmut Hendrischke
Günther Kägebeins Kriegserfahrungen:
In den frühen Morgenstunden des 22. Juni 1941 begann der Vormarsch von 149 Divisionen (darunter alle motorisierten und gepanzerten deutschen Kräfte) über die sowjetische Grenze.
Anfang 1942 operierte diese Gruppe im Raum Demjansk.
Am 8. Januar 1942 eröffneten die Truppen der sowjetischen Nordwestfront (Generalleutnant Pawel Alexejewitsch Kurotschkin) zwischen dem Ilmensee und dem Seligersee den Angriff auf die Stellungen des X. Armeekorps (General der Artillerie Christian Hansen) und des II. Armeekorps (General der Infanterie Walter Graf von Brockdorff-Ahlefeldt), der 16. Armee (Generaloberst Ernst Busch) und der Heeresgruppe Nord (Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb).
Damit nahm eine Schlacht den Anfang, die als Kesselschlacht von Demjansk (auch kurz Kessel von Demjansk; russ. ??? ????) in die Geschichte einging.
Bis zum 8. Februar konnte die Rote Armee um die Stadt Demjansk sechs deutsche Divisionen einkreisen. Zu den Divisionen die im Kessel eingeschlossen wurden, gehörte auch u. a. 12. Infanterie-Division (Oberst Karl Hernekamp und damit auch Günter Kägebein.
Diese Divisionen hielten den Kessel dank massiver Versorgung aus der Luft, bis deutsche Truppen am 21. April durch einen Entsatzangriff wieder Verbindung mit der Besatzung aufnehmen konnten. Bis zur endgültigen Räumung des Kessels durch die deutschen Truppen verging jedoch noch fast ein Jahr. Erst im März 1943 zogen die letzten deutschen Truppen aus dem Kessel ab.
Im August 1942 erlitt Günter Kägebein bei Kämpfen um die Süderweiterung des Verbindungskorridors eine Granatsplitterverletzung des rechten Unterarmes und des linken Oberarmes. Er wurde zur Behandlung seiner Verletzungen zum Hauptverbandsplatz nach Michailowsk gebracht und wurde später über das Feldlazarett Sologubowka und dem Kriegslazarett Pleskau ins Reservelazarett Allenstein verlegt.
Das Standortlazarett Allenstein bestand schon 1922 mit einer Kapazität von 80 Betten. Bis 1933 wurde die Kapazität auf 128 Betten erhöht. Bei Kriegsbeginn wurde das Lazarett zum Reservelazarett Allenstein I umgewandelt. Das Reservelazarett Allenstein war in der Hohensteiner Straße 30 untergebracht. Es besaß eine chirurgische -, eine innere -, eine Ohren- und eine Hautabteilung mit insgesamt 370 Betten. In der Jugendherberge des Ortes wurde eine innere Abteilung mit 100 Betten betrieben, in Kortau eine chirurgische Abteilung mit 75 Betten.
Nach seiner Genesung wurde er im Dezember 1942 auf "Schonplatz" in die Infanterie-Jäger-Abteilung 2 mit Standort in Stettin-Kreckow eingesetzt.
Ende Februar wurde Günter Kägebein in das Schwere Panzer-Grenadier-Regiment 25, das der 12. Panzer-Division unterstellt war, versetzt. Taktisch wurde das Regiment der Schützen-Brigade 12 unterstellt.
Regimentskommandeure waren:
Ab 1943 Oberst Johann Mickl
Ab September 1944 Oberstleutnant Hans Engelien (der seit dem 9. Mai 1945 bei Libau als vermisst gilt.)
Der Einsatzraum der Division war damals im Raum Orel und Gomel (Mittelrussland).
Am 25. April 1943 stiftete Adolf Hitler den sogenannten "Demjanskschild" "zur Erinnerung an die mehrmonatige heldenhafte Verteidigung des Kampfraumes Demjansk gegen einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner". Der Demjanskschild wurde allen Soldaten verliehen, die in der Zeit vom 8. Februar bis 21. April 1942 im Raum von Demjansk eingeschlossen waren.
Zwischen Januar und Februar 1942 lag das Regiment mit der 12. Panzer-Division in Estland und bei Wolchow bis sie von Mai bis September bei Ladoga eingesetzt wurden. Im November 1942 wurde die Division dann zur Heeresgruppe Mitte verlegt.
Von Dezember 1942 bis Januar 1943 operierte sie im Bereich Newel. Den Rest des Jahres verbrachte die Division mit Operationen bei Orel.
Der Rückzug im Jahr 1944 erfolgte über Mosyr, Leningrad, Pleskau, Bobruisk und Ostpreußen. Das Kriegsende erlebt die Division im Kurland-Kessel.
Dadurch geriet Günther in die hart geführten Kämpfe in Kurland.
Günthers Eltern erhielten am 4. November 1944 ein letztes Lebenszeichen, da die Feldpostverbindungen nicht mehr intakt waren.
Durch einige Nachforschungen kann ich nachfolgend die letzten Kriegswochen, die Günther erlebte, darstellen.
Kurz zum damaligen Operationsgebiet: Kurland (Kurzeme in der "Landessprache") ist eine geschichtsträchtige Landschaft in Lettland, zwischen Ostsee und der Düna (Daugava) gelegen, mit der alten Hauptstadt Mitau (Jelgava). Es ist ein bewaldetes Hügel- und Flachland, welches zum Teil landwirtschaftlich sehr fruchtbar ist und auch viele fischreiche Seen beheimatet. Im Freistaat Lettland bildete Kurland bis 1939 eine Provinz, kam dann größtenteils zum Gebiet Libau (Liepaja) der Sowjetrepublik. Die Deutschen hatten Kurland im Ersten Weltkrieg von 1915 bis 1919 und dann im Zweiten erneut von 1941 bis 1944 besetzt.
Nachdem sich die Soldaten der Heeresgruppe Nord Ende Oktober 1944 endgültig auf den kurländischen Raum zurückgezogen hatten, stand ihnen ein siebenmonatiger Kampf um den Brückenkopf Kurland bevor. Diese letzte Bastion wurde mit aller Zähigkeit und Verbissenheit der dort kämpfenden Einheiten verteidigt.
Der Frühling 1945 zog ins Land und die wärmende Sonne brachte den letzten Schnee zum Schmelzen. Die Straßen und Wege standen unter Wasser - Kurland versank im Schlamm. Die meisten zivilen Behörden hatten bereits das Land verlassen. Der Nachschub, der auf dem Seeweg von der Kriegsmarine nach Kurland transportiert wurde, ließ auch immer mehr nach.
Viele deutsche Stützpunkte waren auf sich alleine gestellt und kämpften bis zum letzten. Eingeigelt wehrten sie die Angriffe nach allen Seiten hin ab. Die von starken Verlusten geschwächten Divisionen der 16. Armee, zu der das Panzer-Grenadier-Regiment 25 gehörte, mussten sich im Raum Saldus gegen 17 Schützen-Divisionen und fünf Panzerbrigaden der "Roten Armee" verteidigen.
Der letzte Großangriff auf Liepaja (Libau) scheiterte am 28. März, wodurch nochmals ein neuer Schwerpunkt südlich, bzw. südostwärts von Saldus seitens der Sowjets gebildet wurde. Durch langsames Zurückweichen der deutschen Verteidiger auf die sogenannte "Burg-Stellung" und den gleichzeitigen Einsatz der letzten Reserven konnte ein Einbruch in die deutschen Linien verhindert werden.
Die Sowjets hatten hohe Verluste zu beklagen, wodurch sie sich zum Einstellen der Angriffsbemühungen entschlossen. Anfang April war in Kurland nur noch geringe Kampftätigkeit zu vermelden. Die deutschen Truppen sollten durch örtlich begrenzte Angriffe gebunden werden, um einen Abtransport deutscher Kräfte unmöglich zu machen. Die Sowjets zogen ihrerseits weitere Verbände aus Kurland ab, um diese im Osten Deutschlands einzusetzen.
Mitte April lag die 12. Panzer-Division einschl. des Panzer-Grenadier-Regiments 25 im Westen Kurlands bei Liepaja (Libau).
Um die Frontlinie zu straffen, wurden letzte Stellungen begradigt. Gegen Ende April standen oft nur noch zwei Soldaten in einem 100 Meter breiten Abschnitt. Es hielt sich unter den Soldaten hartnäckig die Hoffnung, dass die Heeresgruppe doch noch aus Kurland herauskommen könnte. Einiges sprach dafür: Stellungen wurden zurück genommen, Lager wurden eingerichtet, in denen nicht unbedingt benötigtes Material gelagert wurde, schwer Bewegliches wurde zur Sprengung vorbereitet. Bataillone, Panzerjäger- und Artillerie-Abteilungen wurden aufgelöst.
Um als bewegliche Reserve der Heeresgruppe jederzeit und überall einsatzbereit zu sein, wurde die 12. Panzer-Division aus der Frontlinie abgezogen.
Der letzte Oberbefehlshaber der Wehrmacht, Großadmiral Dönitz, forderte am 3. Mai per Funkspruch die Heeresgruppe Kurland auf, sich der veränderten Lage im Reich anzupassen. Dies hatte zur Folge, dass zahlreiche Truppenteile aus Kurland - wie auch aus den ost- und westpreußischen Räumen - schnellstmöglich zum Abtransport bereitgestellt werden mussten. Die Verladung der abzuziehenden Truppen war nur mit leichten Infanteriewaffen vorgesehen. Das übrige Material sollte zurückgelassen und vernichtet werden. Die Heeresgruppe erhielt die Operationsfreiheit, die Hauptkampflinie in vorgeschobene Brückenköpfe um die Hafenstädte Liepaja (Libau) und Ventspils (Windau) zurückzuführen. Es erging die letzte Anordnung, dass sich die 16. Armee über Tukums in Richtung Norden zurückziehen sollte.
Nachrichten, dass die Wehrmacht mit der britischen Armee in Westdeutschland einen Waffenstillstand geschlossen hätte, erreichten natürlich auch die Soldaten in Kurland.
Ein Funkspruch des Großadmirals Dönitz traf am Morgen des 8. Mai ein. Dieser besagte, dass infolge der Kapitulation sämtliche Sicherungs- und Seestreitkräfte, sowie alle Handelsschiffe Hela und Kurland bis zum 9. Mai 0.00 Uhr zu verlassen hätten. Nur wenige Stunden später kam der nächste Funkspruch mit der Mitteilung, dass das Oberkommando der Wehrmacht die Gesamtkapitulation unterschrieben hatte. Für die Heeresgruppe Kurland bedeutete dies, dass bis zum 9. Mai, 1.00 Uhr alle Anstrengungen unternommen werden mussten, um den Abtransport über See zu gewährleisten. Bis zu genau diesem Zeitpunkt mussten alle Schiffe ausgelaufen sein.
Über die Funkstellen des Heeresgruppenkommandos ließ Generaloberst Hilpert Kontakt zum Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen in Kurland aufnehmen, um diesem die Kapitulation anzubieten. Nachdem dessen Zustimmung eingetroffen war, wurden die verbliebenen Kurland-Divisionen darüber unterrichtet. Die vereinbarte Waffenruhe sollte am 8. Mai um 14.00 Uhr beginnen.
Gemäß ihren Befehlen blieben die Divisionen in ihren Stellungen, während im Hintergrund die Vorbereitungen für einen begrenzten Abtransport der Heeresgruppe liefen.
Am Morgen des 8. Mai stand die 12. Panzer-Division nördlich von Saldus als Reserve der Heeresgruppe zur Verfügung.
Am Vormittag des 8. Mai herrschte im Hafen von Liepaja Hochbetrieb. Verpflegung wurde auf die Schiffe verladen und unnützes Material von Bord genommen. Die Evakuierungsvorbereitungen wurden durch sowjetische Luftangriffe gestört. Die Hafenanlagen erhielten dadurch noch manchen schweren Treffer.
Um 14.00 Uhr schwiegen an der Kurland-Front die Waffen! Gegen 20.30 Uhr lief das letzte Schiff aus dem Kriegshafen von Liepaja in Richtung Kiel aus. Auch den Hafen von Ventspils (Windau) verließen in den späten Abendstunden des gleichen Tages die letzten Geleite.
Am 10. Mai kapitulierten die deutschen Truppen in Kurland. Generaloberst Hilpert selbst übergab die Heeresgruppe an die sowjetische Führung - so wurde es von den Siegern verlangt. Er ging als erster Soldat nach der Kapitulation in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er nicht mehr nach Hause zurückkehrte. Ihm folgten etwas mehr als 200 000 Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften und lettische SS-Freiwillige.
Erst am 23. Mai wurde die letzte deutsche Regierung abgesetzt und ebenso wie Dönitz als amtierendes Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches in Flensburg-Mür-wik gefangengenommen. Die vier Siegermächte übernahmen die oberste Regie-rungsgewalt in Deutschland.
Der Verbleib von Günther Kägebein ist ungewiss. Ist er in den letzten Kämpfen in Kurland gefallen oder ging er in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er nicht mehr nach Hause zurückkehrte.
Nach Angaben des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes ist bis heute das Schicksal von 1,3 Millionen Kriegsgefangenen ungeklärt - sie gelten offiziell als vermisst.
Unkommentierter Auszug aus:
Letzter Wehrmachtbericht vom 9. Mai 1945 (Abschlussmeldung)
Seit Mitternacht schweigen nun an den Fronten die Waffen. Auf Befehl des Großadmirals hat die Wehrmacht den aussichtslos gewordenen Kampf eingestellt. Damit ist das fast sechsjährige, ehrenhafte Ringen zu Ende. Es hat uns große Siege, aber auch schwere Niederlagen gebracht. Die deutsche Wehrmacht ist am Ende einer gewaltigen Übermacht ehrenvoll unterlegen.
Der deutsche Soldat hat, getreu seinem Eid, im besten Einsatz für sein Volk für immer Unvergessliches geleistet. Die Heimat hat ihn bis zuletzt mit allen Kräften unter schwersten Opfern unterstützt. Die einmalige Leistung von Front und Heimat wird in einem späteren Urteil der Geschichte ihre endgültige Würdigung finden.
Den Leistungen und Opfern der deutschen Soldaten zu Wasser, zu Lande und in der Luft wird auch der Gegner die Achtung nicht versagen. Jeder Soldat kann deshalb die Waffen aufrecht und stolz aus der Hand legen und in der schwersten Stunde unserer Geschichte tapfer und zuversichtlich an die Arbeit gehen für das ewige Leben unseres Volkes.
Die Wehrmacht gedenkt in dieser schweren Stunde ihrer vor dem Feind gebliebenen Kameraden. Die Toten verpflichten zu bedingungsloser Treue, Gehorsam und Disziplin gegenüber dem aus zahllosen Wunden blutenden Vaterland.
© Harald Kägebein
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